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Klimaschutz in der Stadtplanung

2. Oktober 2008
Von Gisela Nacken
Von Gisela Nacken

Auch beim Klimaschutz in der Stadtplanung geht es um die drei großen ‚E’s: Energieeffizienz, Energieeinsparung und Erneuerbare Energien. Das ist in den Kommunen durchzudeklinieren in den Bereichen Stadtentwicklung, Bauleitplanung, Wohnungswesen, Verkehr, Gebäudemanagement und Beschaffung sowie Öffentlichkeitsarbeit. Einige Kommunen haben diese Bausteine bereits zu einem Klimaschutzkonzept zusammengefasst und steuern und kontrollieren mit diesem Instrument ihre Ziele zum Klimaschutz und zur CO2-Einsparung. Andere setzen bisher nur einzelne Bausteine um.
Aus der Praxis der Stadt Aachen will ich einige Beispiele für die Bausteine geben.

Stadtentwicklung

Leitbild für eine zukunftsfähige Stadt muss weiterhin die „kompakte, grüne Stadt“ sein: kompakte Stadtstrukturen, kurze Wege, Funktionsmischung, Verkehrs- und Mobilitätsmanagement, effizienter, energiesparender Nahverkehr, großzügige wohnortnahe Freiflächen sind wichtige Voraussetzung für die Bewältigung des Klimawandels. Ein Masterplan, der diese Ziele festschreibt und politisch legitimiert, ist hierfür hilfreich.
Konkrete Beispiele neben diesen grundsätzlichen Zielen sind in Aachen ein Einzelhandels- und Nahversorgungskonzept und ein Gewerbeflächenkataster. Mit dem Nahversorgungskonzept gelingt es uns, die Versorgung im Nahbereich zu sichern und Entwicklungen auf der grünen Wiese zu verhindern. Mit den Steckbriefen für Gewerbeflächen im Bestand können wir Investoren für diese Standorte interessieren. Das gelingt nicht immer, aber auf dieser Grundlage ist die Strategie einer kompakten Stadt besser zu vertreten und durchzuhalten.

Bauleitplanung

Die Bauleitplanung bietet äußerst vielfältige Instrumente zur Senkung des Energiebedarfs und zur Nutzung erneuerbarer Energien. Für Neubaugebiete sind die optimale Ausrichtung und Anpassung von Gebäudehöhen, Dachneigungen für die Solarnutzung zunächst das „Muss“ einer klimaverträglichen Bauleitplanung. Mit einer Solarsiedlung aus dem NRW-Programm „50 Solarsiedlungen“ haben wir vor rund acht Jahren erste Erfahrungen gemacht, die nun standardmäßig in Bebauungspläne einfließen. Darüber hinaus bieten sich Festsetzungen zur passiven Nutzung der Sonnenenergie (Südausrichtung, Vermeidung von Verschattung), CO2-sparende Energieversorgungskonzepte, Dachbegrünungen etc. an.
Auch beim sogenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplan (VEP) bieten sich im Rahmen des städtebaulichen Vertrags viele Möglichkeiten, gezielt auf den Energieverbrauch hinzuwirken (Vorgabe von Energiestandards, Dachbegrünung, Anschluss an Fernwärme...) Im aktuellsten Projekt haben wir sogar die Nutzung des Jobtickets für die Bediensteten festschreiben können.
Ein großer Fortschritt und eine Hilfestellung für die Kommunen wäre eine Solarsatzung wie beim Marburger Modell. Hier bleibt leider die rechtliche Klärung abzuwarten. Solange betreibt Aachen das Projekt „Sonne auf Aachener Dächer!“, in dem geeignete öffentliche Dächer privaten Investoren gegen eine kleine Nutzungsgebühr für Solaranlage überlassen werden. Die bisherige Bilanz lässt sich sehen.

Wohnungswesen

Neben der Beratung für Investoren über Förderprogramme liegt ein kommunaler Hebel in der Vergabe von Grundstücken mit Auflagen zum Energiestandard. KFW 30 oder zumindest 60 sollte Standard sein. Auch hier können Energieversorgungskonzepte vorgegeben werden.

Gebäudemanagement und Beschaffung

Das größte Potential zur Einsparung liegt nicht im Neubau, sondern im Bestand. Darum sind Programme für den Altbaubereich immens wichtig. Die Kommunen haben mit ihrem Gebäudebestand eine Vorbildfunktion. Aachen setzt mit einem Energiemanagement für alle Gebäude an, um deren Verbrauch zu erfassen und abzugleichen. Durch diese Vergleichszahlen wird deutlich, wo die Energiefresser in Schulen, Kindergärten und Verwaltungsstellen liegen und in welcher Reihenfolge Investitionen im Bestand Sinn machen.
So haben wir durch ein Energieeinsparprogramm in unseren 80 Schulen von 2000-2007 850.000 Kilowattstunden Strom (10%) und noch einmal 17 Mio. Kilowattstunden Wärme (16%) einsparen können. Das macht zusammen 4750 Tonnen Einsparung an CO2 aus.
Einen sehr kostengünstigen aber gleichzeitig effizienten Faktor macht dabei die Beleuchtung aus. Bewegungsmelder in Schulen sind in Aachen ein Muss beim Energiesparen. Hier hilft es nicht auf die Einsicht der SchülerInnen zu setzen.
Ein zweijährlicher Energiebericht und Energieleitlinien (z.B. bei Neubauten immer 20% unter aktueller Energiesparverordnung) gehören genauso zum Handwerkszeug wie Richtlinien zur nachhaltigen Beschaffung.

Verkehr

Die Handlungsspielräume der Kommunen im Verkehr sind finanziell stark eingeschränkt. Dennoch braucht eine kommunale Klimaschutzstrategie Mobilitätsmanagement, die Förderung umweltfreundlicher Verkehrsträger und den Umstieg auf Bus, Bahn, Rad und zu Fuß gehen. In Aachen versuchen wir dies u.a. ab 2009 mit einem finanziell äußerst attraktiven Jobticket. Knapp 60% der städtischen Mitarbeiter werden darüber ab dem 1.1.09 verfügen können.

Öffentlichkeitsarbeit und Beratung

Nicht unterschätzt werden sollte die Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit. Die Stadt Aachen und die örtlichen Stadtwerke vergeben z.B. seit drei Jahren einen Energiepreis. Damit werden private und öffentliche Bauherren, Vereine oder Erfinder in den Kategorien Neubau, Altbausanierung und innovative Entwicklungen ausgezeichnet. Die öffentliche Preisverleihung und Presseberichterstattung ist ein sehr guter Multiplikator für diese Ideen, vor allem wenn die Projekte von BürgerInnen selbst vorgestellt werden. Bürgerschaftliches Engagement sollte in jedem Fall eingebunden werden. In diesem Jahr wird der Preis ergänzt um eine Kategorie für nachhaltige Mobilität.

Intensive Öffentlichkeitsarbeit betreibt Aachen vor allem durch die Beratungsstelle altbau+. Es handelt sich um einen Verein, in dem sich Stadt, Stadtwerke, Handwerkskammer und Bauinnungen, Hochschulen und Architektenverbände seit 2005 zusammengetan haben, um über Altbaumodernisierung und Förderprogramme zu beraten. Die Beratungszahlen haben jährlich zugenommen. In diesem Jahr werden nach derzeitigem Stand ca. 200 Beratungen im Monat durchgeführt. Als Folge davon werden nicht unbeträchtliche Summen investiert und Tonnen CO2 eingespart. Eine telefonische Umfrage für das Jahr 2007 beförderte zutage, dass die Beratungen zu rund 200 Sanierungen führten. 381 Energieeinsparmaßnahmen wurden durchgeführt, eine Investitionssumme von rund 8,88 Mio. € wurde investiert und dadurch rund 60.000 T. CO2 eingespart.


Gisela Nacken
ist Beigeordnete für Planung und Umwelt in Aachen.